Uranus in den Fischen

Uranus, der die Fische 2003 bereits betreten hatte, kehrte im September wieder in den Wassermann zurück. Kurz vor Jahreswechsel tritt er endgültig in die Fische und durchläuft dieses Zeichen bis Anfang 2011.

Uranus sorgt für radikale neue Entwicklungen, was sich in der hinter uns liegenden Wassermannphase besonders in der Computer- und Kommunikationstechnik bemerkbar machte. Auch die weltweite Finanzkrise am Ende dieser Phase muss mit Uranus‘ Durchgang durch den Wassermann in Zusammenhang gesehen werden. Wassermann bildet einen Kontrapunkt zu Stier, dem Prinzip der materiellen Sicherheit. Nachdem durch technischen Fortschritt (Wassermann) immer mehr Arbeitsplätze abgeschafft wurden, ist inzwischen das gesamte Finanzsystem erschüttert. Dies war auch während der industriellen Revolution der Fall (ab ca. 1745), als durch die Erfindung der Dampfmaschine und des Webstuhls Millionen von Menschen die Arbeit verloren. Und dies ist auch jetzt der Fall, da die moderne Computertechnik manche Berufszweige fast ausgelöscht hat. Heute wie damals befinden wir uns also in erster Linie in einer Phase der strukturellen und nicht, wie von Politikern aller Parteien propagiert, der konjunkturellen Massenarbeitslosigkeit. Maßnahmen, die der Belebung der Konjunktur dienen, können daher nur geringen Einfluss auf die Arbeitslosenquote haben.

Astrologisch interessant in diesem Zusammenhang: Unsere Sozialversicherung datiert zurück ins Jahr 1883; als sich Reichskanzler Otto von Bismarck genötigt sah zu handeln, weil die Sozialisten zu aktiv geworden waren. Zu dieser Zeit stand Uranus den Fischen gegenüber in der Jungfrau. Ausgerechnet die Sozialisten stellen ihre eigenen Errungenschaften jetzt infrage (Jungfrau regiert die Themen Arbeit, Gesundheit und Versorgung, also genau die Bereiche, die sich zur Zeit im Umbruch befinden).

Es ist sehr schwierig, die Trends der vor uns liegenden Uranus-Fische-Phase vorherzusehen. Das liegt zum einen daran, dass uranische Entwicklungen immer überraschend kommen. Zum anderen widersprechen sich beide Prinzipien grundlegend: Uranus bringt neue Impulse in die Welt, Fische verarbeitet die Vergangenheit. Uranus‘ Vorgehen ist klar, kühl und rational, der Fischeaspekt der Welt verschwommen, intuitiv, vieldeutig.

In der Kunst werden uranische Trends häufig sehr deutlich sichtbar: In der letzten Uranus-Fische-Phase (1919/20 bis 1927/28) herrschten in der europäischen und amerikanischen Kunst zwei völlig gegenläufige Richtungen vor: die extrem kühle, uranische Sachlichkeit eines Mies van der Rohe („Die Bemühungen der Mystiker werden Episoden bleiben, … , wir schätzen die Vernunft und das Reale“) stieß auf die Fische-Psychedelik von Malern wie Otto Dix und George Grosz. Die Bauhausbewegung demonstrierte schließlich, dass uranische und neptunische Visionen sich kaum vereinbaren lassen. Die Spannungen zwischen den Kunstästheten (Fische/Neptun) und den bilderfeindlichen Ingenieuren (Uranus) eskalierten innerhalb der Bewegung.

Uranus‘ Durchgang durch das letzte Zeichen des Tierkreises muss als Abschlussphase eines vierundachtzig Jahre währenden Zyklus betrachtet werden. Innerhalb dieser Abschlussphase wird nicht in erster Linie Neues ins Leben gerufen, sondern die Vergangenheit (Fische) auf neue Weise (Uranus) verarbeitet. In einer Fischephase werden Themen aktuell, die wir für längst abgeschlossen hielten. Der Kellog-Briand-Pakt wurde ausgearbeitet als Uranus das letztemal durch die Fische lief (geschlossen, wenige Monate nachdem er sie verlassen hatte). Dieser Pakt ächtete Präventivkriege als politisches Mittel, wurde in den Begründungen der Nürnberger Prozesse als Rechtsgrundlage herangezogen, später von der Charta der Vereinten Nationen als Recht anerkannt. Durch die offiziellen Begründungen der USA für ihre Angriffskriege sind wir auch diesmal wieder dazu herausgefordert, uns mit dem Thema Völkerrecht zu befassen.

Träume, Ängste, das Unverarbeitete, aber auch Zukunftsvisionen werden Fische zugeordnet. In einer Fischephase wird die Vergangenheit überwiegend unbewusst verarbeitet, um auf einen Neuanfang vorzubereiten. Im Falle von Uranus geschieht dies auf überraschende, manchmal erschreckende Weise. Kollektive Ängste und gesellschaftliche Wahnvorstellungen können dabei eine Rolle spielen, andererseits auch Visionen von einer idealen Zukunft. Die Gründungen der NSDAP und des Ku-Klux-Klan fallen ebenso in die letzte Uranus-Fische-Phase wie die der ersten Waldorfschule und das pazifistische Manifest von Einstein, Ghandi, u.a.

Es kann zu überraschenden Entwicklungen im Zusammenhang mit Drogen kommen, da dem Fischeprinzip bewusstseinsverändernde Substanzen unterstehen. Englands Opiumkriege 1840-42 fielen in eine Uranus-Fische-Phase, die Prohibition in den USA ab 1920 ebenfalls. Die Prohibitionsbewegung lässt sich wohl am besten als Drang nach Befreiung (Uranus) von Rauschzuständen (Fische) interpretieren. Interessanter Weise kam es in der gleichen Zeit zur Verbreitung der damals unerhört aufregenden (also uranischen) Jazzmusik, deren Musiker sich fast alle durch den Konsum von Marihuana inspirieren ließen.

Da Fische den Glauben regieren, werden religiös-extremistische Tendenzen nicht gerade nachlassen, wenn Uranus dieses Zeichen durchwandert. Der Begriff Fundamentalismus wurde übrigens unter Uranus in den Fischen in den USA geprägt (1920), und zwar als Ausdruck einer kämpferischen Haltung gegenüber modernen Bibelauslegungen. Dass die derzeitigen Spannungen zwischen Traditionalisten (Fische) und Neuerern (Uranus) sich weiterhin auch die Türkei als Ventil suchen, legt der Uranus des Staatshoroskopes nahe: er steht dort in den Fischen am MC und symbolisiert programmatisch, wofür die Türkei steht: eine moderne Verfassung (Uranus) in einer von der Religon bestimmten Kultur (Fische).

Das Zeichen Fische regiert das Verborgene, Geheime, Unbewusste, somit auch die uns bisher nicht bekannten Naturgesetze. Uranus bringt auf visionäre, überraschende und oft streitbare Weise ans Licht. Während Uranus durch die Fische lief, veröffentlichte Freud seine Arbeit über die Tiefenpsychologie „Das Ich und das Es“ und Spengler den „Untergang des Abendlandes“, ein Werk, das auf der Vision eines zyklischen Ablaufs der Geschichte basiert. Newton entdeckte die Spektralfarben des Lichtes (1672), Heisenberg formulierte die Unschärferelation und postulierte damit für die Physik, was das astrologische Fischeprinzip schon immer wusste: dass alles miteinander verbunden und somit nie klar gegeneinander abgrenzbar ist.