Uranus im Widder – Aufbruchstimmung

Von Ende Mai bis Mitte August 2010 befindet sich Uranus im ersten Grad des Zeichens Widder, um anschließend, bis Mitte März 2011, seinen siebenjährigen Durchgang durch die Fische zu beenden. Abschluss und Neuanfang – mit dem endgültigen Eintritt in den Widder ab März kommenden Jahres beginnt nicht nur eine neue Uranusphase, sondern ein neuer uranischer Zyklus. 84 Jahre wird es dann her sein, dass Uranus dieses Zeichen zuletzt betreten hat.

Über die jetzt auslaufende Fischephase hatte ich vor sieben Jahren geschrieben: „Uranus‘ Durchgang durch das letzte Zeichen des Tierkreises muss als Abschlussphase eines vierundachtzig Jahre währenden Zyklus betrachtet werden. Innerhalb dieser Abschlussphase wird nicht in erster Linie Neues ins Leben gerufen, sondern die Vergangenheit (Fische) auf neue Weise (Uranus) verarbeitet. In einer Fischephase werden Themen aktuell, die wir für längst abgeschlossen hielten. Der Kellog-Briand-Pakt wurde ausgearbeitet als Uranus das letztemal durch die Fische lief (geschlossen, wenige Monate nachdem er sie verlassen hatte). Dieser Pakt ächtete Präventivkriege als politisches Mittel, wurde in den Begründungen der Nürnberger Prozesse als Rechtsgrundlage herangezogen, später von der Charta der Vereinten Nationen als Recht anerkannt. Durch die offiziellen Begründungen der USA für ihre Angriffskriege sind wir auch diesmal wieder dazu herausgefordert, uns mit dem Thema Völkerrecht zu befassen.“ 1)

Jetzt, am Ende dieser Phase, musste Bundespräsident Köhler zurücktreten, weil er offen ausgesprochen hat, was ohnehin praktiziert wird. Im Deutschlandfunk plädierte Köhler am 22.5.2010 für eine Diskussion darüber, dass auch militärischer Einsatz notwendig  sei, um einem „Land unserer Größe, mit dieser Außenhandelsorientierung“ freie Handelswege zu garantieren. Der Kellog-Briand-Pakt, vor genau einem Uranus-Umlauf geschlossen, der Angriffskriege aus nationalen Interessen für völkerrechtswidrig erklärt, wird offensichtlich in Frage gestellt. Das Recht des Stärkeren, für das in Deutschland bei Weitem nicht nur Köhler eintritt, dürfte durchaus Thema unter Uranus im Widder werden. Das war, trotz des Kellog-Briand-Paktes, vor 84 Jahren auch nicht anders. Mit Uranus im Widder war die Phase von 1927 bis 1935 eine unruhige, chaotische Zeit, einerseits neuer kosmopolitischer Impulse, andererseits starker nationalistischer Bewegungen und allgemeiner militärischer Mobilmachung.

Mit Uranus im Widder fallen zwei Prinzipien zusammen, die ein gemeinsames Ziel eint – der Drang, für etwas zu  kämpfen. Nicht zufällig sehen sich die Symbole von Uranus und Mars, dem Widderherrscher, so ähnlich, besitzen doch beide den nach außen gerichteten Pfeil, Symbol für zielgerichtete, kämpferische Aktivität. Uranus betrifft das Kollektiv und die Idee, für die es sich zu kämpfen lohnt, Widder den Krieger und den Kampf als solchen. Beide Prinzipien können sich kraftvoll verbinden. Mussolini, Hitler, Franco, Mao, Stalin – selten in der Geschichte haben es kämpferisch auftretende charismatische Führer verstanden, die Massen derart zu mobilisieren wie unter Uranus im Widder.

(besser: wie unter dem Widder-Uranus von bis)

Kämpferische Ideen (Uranus) von Ehre, Blut (Widder / Mars) und Reinheit der Rasse machten seinerzeit die Runde, und das keineswegs nur in Deutschland (wobei nur das kämpferische Element Mars/Uranus zuzuschreiben ist. Neptun, zuständig für kollektive Wahnvorstellungen, betrat zu der Zeit das Zeichen Jungfrau – Prinzip der Ordnung und der vollkommenen Reinheit).

Das deutsche Reich, dem nach dem ersten Weltkrieg umfangreiche militärische Beschränkungen auferlegt worden waren, gelang es unter dem Widder-Uranus in kürzester Zeit, seinen Militärapparat wieder aufzubauen. Und auch diesmal stehen für das deutsche Militär radikale Neuerungen an. Die aktuelle Diskussion über die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht ist keineswegs dem Friedensgedanken geschuldet. Den verantwortlichen Kräften geht es um die Schaffung einer kleinen, schlagkräftigen Truppe, die den Interessen der deutschen Wirtschaft in der ganzen Welt Nachdruck verleihen soll. Etwas anderes wäre mit Uranus im Widder auch vollkommen undenkbar, untersteht das Streben nach Frieden unter den Völkern schließlich dem gegenüberliegenden Zeichen Waage. Darüber hinaus bemühen sich einflussreiche Kreise in der deutschen Politik zur Zeit intensiv um die Einrichtung einer starken EU-Armee.

 

Zeit der Helden und der Abenteurer

Dramatische technische Neuerungen, besonders in der Luftfahrt (Uranus) und der Mut des Einzelnen (Mars) – die vorhergehende Uranus-Widder-Phase kann zu Recht als letzte große Zeit der Abenteurer bezeichnet werden. Im Mai 1927, Uranus hat den Widder erst kurz zuvor betreten, fliegt Charles Lindbergh nonstop von Paris nach New York. Was uns heute selbstverständlich erscheint, hatte zu der Zeit den Rang eines Weltwunders. Lindberghs Aktion wurde rund um den Globus gefeiert, obwohl die erste Non-Stop-Überquerung des Atlantiks schon 1919 unter Uranus im Wassermann (dem eigentlichen Zeichen für die Luftfahrt) stattgefunden hatte. Ein interessantes Beispiel dafür, dass Astrologie weniger von konkreten Ereignissen erzählt, als mehr von den kollektiven Bildern und Träumen. Erst der glorreiche Held (Widder) hat die magische Kraft, das Ereignis im Bewusstsein der Menschheit zu verankern. Kaum jemandem dürfte heute bekannt sein, dass vor Lindberg bereits 66 Menschen den Atlantik per Flugzeug überquert hatten.

1928 überfliegt Umberto Nobile mit seinem Luftschiff zum zweiten Mal den Nordpol (das erst Mal 1926). Dem Absturz des Luftschiffes folgt eine dramatische Rettungsaktion. Der Polarforscher Amundsen und seine Crew, die sich an der Rettungsaktion beteiligen, kommen beim Absturz ihres Flugbootes ums Leben. Im gleichen Jahr führt Fritz Stamer den ersten bemannten Raketenflug durch. Das Luftschiff Graf Zeppelin, 1928 fertiggestellt, ging 1929 auf „Weltfahrt“ – ebenfalls ein Ereignis, das die Schlagzeilen in allen Teilen der Welt beherrschte. Und 1933 fand die erste Weltumrundung  per Flugzeug statt (mit elf Zwischenlandungen).

Soeben melden die Presseagenturen, dass der Nordire Norman Surplus plant, in einem winzigen Tragschrauber (Gyrokopter) die Welt zu umfliegen, der österreichische Extremsportler Felix Baumgartner mit einem Sprung aus 36 Km Höhe den Rekord im Fallschirmspringen brechen will und der Brite Ed Stafford am 9. August seine 6500 Km lange Wanderung von der Quelle bis zur Mündung des Amazonas beendete.

 

Technische Entwicklungen

Die Verbindung von Uranus und Widder ist dynamisch bis explosiv. Uranus unterstehen die Luft und Raumfahrt, Funk und Fernsehen, überhaupt alle moderne Technologie. Widder steht für neue Impulse,  schnelles Handeln, für den Schub hinter der Bewegung. 1931 startete die erste Rakete mit Flüssigkeitsantrieb, was als Beginn der modernen Raketentechnik gilt. Bereits 1828 wurde von Opel ein Raketenauto entwickelt und getestet. Inzwischen liegt der Geschwindigkeitsrekord für Landfahrzeuge bei über 1200 Km/h, aufgestellt 1997 unter Uranus im Wassermann. Das Gerät, wurde angetrieben von zwei Flugzeugdüsen. Was soll Uranus im Widder da noch draufsetzen? Klar, eine Rakete. Der britische Konstrukteur Richard Noble hat soeben angekündigt, den bisherigen Record mit seinem „Bloodhound“ zu brechen, indem das mit Flugzeugdüsen startende Projektil auf Rädern während der Fahrt zusätzlich ein Raketentriebwerk zündet.

Bewegungsfreiheit für alle – in der Geschichte des Autos spielt Mars-Uranus überhaupt eine wichtige Rolle. Die Massenproduktion von Automobilen fand ab 1913 unter Uranus im Wassermann statt. Diese Entwicklung geht ab Mitte der 1920er rasant voran. Die ersten Autobahnen werden gebaut und bringen die Revolution im Individualverkehr. Der ab 1930 gebaute Opel-Lkw erhielt übrigens den zum kosmischen Thema passenden Namen „Blitz“. In die Uranus-Widder-Zeit fällt die Vorführung des ersten Tonfilms und die Ausstrahlung des ersten Fernsehprogramms. Die Erfindung des Zyklotrons, eines Teilchenbeschleunigers (1929), bildet die Grundlage für die moderne Hochenergiephysik.

 

Kunst,  Architektur und Zeitgeist

Auch in Kunst und Architektur herrschte 1927 bis 1935 Aufbruchstimmung. Während in der davorliegenden Fische-Phase viele Stile zu verschmelzen schienen und psychedelische (Fische) als auch kühl-rationale (Uranus) Trends nebeneinander dominierten, fällt Uranus im Widder mit der Art Déco-Periode zusammen. Allgemein wird diese auf 1920 bis 1940 datiert, genau festlegen lässt sich dies nicht, da der Begriff erst sehr viel später entstand und der Epoche nachträglich zugeschrieben wurde. Der Begriff leitet sich ab von einer Pariser Kunstausstellung, die 1925, also kurz vor Uranus´ Eintritt in den Widder, stattfand. „Dem Art déco fehlt ein eindeutiges, zugrundeliegendes Stilmerkmal oder eine stilbildende Anschauung. Vielmehr handelt es sich, inmitten des generellen Aufbruchs der klassischen Moderne, um eine gestalterische Verbindung von Eleganz der Form, Kostbarkeit der Materialien, Stärke der Farben und Sinnlichkeit der Thematik. “ 1)

Art Déco orientiert sich stark am Jugendstil, und greift damit Elemente auf, die unter Uranus im Schützen, dem Feuerzeichen vor Widder, dominierten. Eine der zentralen Fragen des Jugendstils war die Suche nach dem Stil der eigenen Zeit, der mit den Traditionen bricht.

Auch in der Architektur und im Städtebau vollzog sich ein deutlicher Neubeginn. „In Europa ging mit dem Wiederaufbau der Kriegstrümmer ein starkes, wiederaufblühendes Interesse für die Architektur einher, das gleichzeitig einen entscheidenden Wendepunkt für die formale Erneuerung markierte. Man verwandte moderne, kosmopolitische Strukturen und brach mit der Tradition der historischen und nationalen Stilrichtungen.“ 2)

Uranus im Widder, das ist die Hauptwirkzeit des Architekten Le Corbusier, der freie, offene Räume (Uranus) schafft und tragende Wände (Gegenprinzip Saturn) vermeidet, wo luftige Stützpfeiler den gleichen Dienst  übernehmen können. Le Corbusier gilt bis heute als impulsgebend für die Architektur. Uranus im Widder, das sind wagemutige neue Stahlbauten (Mars) die scheinbar über der Erde schweben (Uranus), wie die 1932 fertiggestellte George Washington Brücke und die von 1933 bis 1937 erbaute  Golden Gate Bridge. „Zunächst sollten die Pylonen verkleidet werden, bleiben aber dann, weil man die Konstruktion zeigen will, als Netz- und Gitterwerk stehen. Dieses Zeigen der Bauidee, die Abneigung gegen marmorierten Gips oder Säulen aus Eisen mit Gipsverkleidung, diese Wahrheit und das Bekennen zum echten Material zeichnet die neue Stilrichtung aus.“ 3)

Die neue Musik dieser Zeit ist der Swing, der ab Ende der 20er Jahre immer populärer wird. Während der Zeit der Wirtschaftsdepression wird der schnelle Musikstil von der amerikanischen Jugend begeistert aufgenommen, steht er doch für eine Kultur der Fröhlichkeit und Freiheit. „Swing zog insbesondere die Jugend der damaligen Zeit in seinen Bann, so dass sich aus dem Swing eine Reihe wilder Tanzmoden entwickelte.“ 4) Einer der verrücktesten Swing-Tanzstile ist ab 1927 der Lindy Hop, der nach Lindberghs Atlantiküberquerung benannt worden sein soll (die Zeitungen titelten: ‚Lucky Lindy Hops the Atlantic‘). Noch mehr Freiheiten (Uranus) erlaubt dem mutigen Tänzer (Mars) in den 1930ern der Jitterbug, der sich durch wilde akrobatische Bewegungen, Sprünge  und sogar Purzelbäume auszeichnet.

Welche Musik- und Tanzstile sich in den kommenden Jahren durchsetzen, lässt sich noch nicht absehen. Die Ereignisse auf der Loveparade von Düsseldorf künden aber bereits vom Ende einer Ära.

Uranus betrifft das Rebellieren der Jugend gegen das Etablierte, alles aufregende Neue, das die junge Generation ins Leben ruft, damit auch das Lebensgefühl der jeweiligen Zeit, neue Lebensstile und Musikrichtungen. Uranus in der friedliebenden Waage (1968 – 75) war die Zeit von Love and Peace und Flowerpower, mit Uranus in der Unterwelt des Skorpions (1976 – 81) – Sex & Drugs & Rock´n Roll – wurde der Punk geboren, die Schützephase (1982 – 88) bescherte uns die New Age-Bewegung und das Yuppietum, unter Uranus im konservativen Erdzeichen Steinbock kam neben der Trachtenmode (im Jahr des Steinbockeintritts) die Technokultur mit ihren vor allem zu Beginn sehr harten, erdgebundenen und dennoch elektrischen Rhythmen. Aus dieser Kultur entstand die Loveparade, die Uranus´ Durchgang durch Wassermann und Fische überdauerte. Einerseits bediente die Loveparade für viele das Bedürfnis nach aufregenden neuen Formen des Ausdrucks (Uranus im Wassermann) als auch das nach Eintauchen in der Masse und der Trance (Uranus in Fische, unter anderem der Drogenaspekt). Uranus im Widder macht mit einem lauten Knall deutlich, dass die Zeiten sich gewandelt haben. Die Loveparade wird es in dieser Form in absehbarer Zeit nicht mehr geben

 

Morgendämmerung eines neuen Weltbildes

Wann immer Uranus sich zu Wort meldet, besitzt er das Potential, unser Weltbild grundlegend zu verändern (das war bekanntermaßen bereits bei seiner Entdeckung der Fall). Im April 1927 trat der Revoluzzerplanet in das erste Grad des Widders – der Nullpunkt der Astrologie, der absolute Anfang. Im April 1927 verkündete Georges Lemaitre seine Theorie vom Beginn des Universums, einer Lehre, die später als Urknalltheorie bekannt wurde. Mit weniger Dramatik geben sich Mars und Uranus nicht zufrieden.

Genau dieses Weltbild, das nie wirklich unumstritten war, steht derzeit auf dem Prüfstand. Die geplanten Experimente am Teilchenbeschleuniger LHC am CERN, die den Urknall simulieren sollen, waren für eine Zeit geplant, als Uranus sich noch in den Fischen befand. Nach allerlei technischen Zwischenfällen wurden diese nun auf das Jahr 2012 verschoben. Im Juni 2010 – Uranus hat das Zeichen Widder soeben berührt – verkünden britische Wissenschaftler, dass neue Messergebnisse mit der Urknalltheorie derart unvereinbar seien, dass diese möglicherweise aus den Lehrbüchern verschwinden wird. 5)

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1) Meridian, Jan/Feb 2004, S. 45
2)  http://de.wikipedia.org/wiki/Art_D%C3%A9co#Merkmale
3) Kunst – die Weltgeschichte, Köln 1997, S. 610 / 611
4) Jung, Weltgeschichte in einem Griff, S.859, Frankfurt /M. 1985
5) http://de.wikipedia.org/wiki/Swing_%28Musikrichtung%29#Wirkung
6) Astronomen offenbaren Lücken in Urknall-Theorie