Standortbestimmung
Ist Astrologie eine Wissenschaft?

So oder ähnlich wird mir diese Frage häufig gestellt. Wer in einer astrologischen Beratung erstaunt feststellen muss, was sein Horoskop alles zu offenbaren hat, dem kommen später zu Hause nicht selten Zweifel. Vielleicht war doch alles etwas allgemein gehalten oder möglicherweise ist der Astrologe einfach ein guter Menschenkenner. Wissenschaftlich erklären lässt sich die Astrologie ja schließlich nicht.

Da wir alle gelernt haben, dass nur war ist, was auch (zumindest theoretisch) objektiv bewiesen werden kann, haben viele Menschen Schwierigkeiten, sich überhaupt mit dem Thema zu befassen. Laien, die von der Astrologie überzeugt sind, retten sich oft in die Vorstellung, die Einflüsse der Sterne wären so subtil, dass wir sie nur noch nicht messen können. Eines Tages werden die zugrunde liegenden Mechanismen schon noch von der Wissenschaft entdeckt werden.

Den meisten Menschen ist in diesem Zusammenhang nicht bekannt, dass die zwölf Tierkreiszeichen, mit denen die Astrologie arbeitet, nichts mit irgendwelchen Sternen zu tun haben. Tierkreiszeichen sind Abschnitte der Sonnenbahn (Ekliptik), und zu verschiedenen Zeitaltern befinden sich in einem bestimmten Tierkreiszeichen ganz verschiedene Sterne. Mit anderen Worten: es gibt dort nichts, das in irgendeiner Weise für physikalische Ursachen sorgen könnte.

Das eigentliche Problem liegt nicht darin, dass die Astrologie und andere Erkenntniswege sich nicht wissenschaftlich beweisen lassen – es liegt schlicht und ergreifend darin, dass wissenschaftliche Messbarkeit heute zum Maß aller Dinge geworden ist. Die moderne Vorstellung, die Welt und der Mensch wären naturwissenschaftlich erklärbar, hat sich erst in den letzten 250 Jahren entwickelt. Impulsgebend war vor allem Newton, der das Postulat aufstellte, dass der naturwissenschaftliche Standpunkt „von den subjektiven Umständen des Betrachters unabhängig Geltung erheben müsse“. Andere Weltbilder als das naturwissenschaftliche werden heute nicht einmal mehr diskutiert, sondern schlicht als mittelalterlicher Aberglaube abgetan.

Gegen die Astrologie wird nicht nur der Vorwurf erhoben, sie ließe sich nicht beweisen, sondern sie stünde sogar in krassem Widerspruch zu naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Wer so argumentiert, kennt die Grundlagen der Astrologie jedoch nicht.

Ich greife hier einmal das beliebteste Argument gegen die Astrologie heraus. Gerade dieser Punkt wird ja von Seiten vermeintlich wissenschaftlich Denkender meist als erster gegen die Astrologie ins Felde geführt: Da die Astrologie die Erde in den Mittelpunkt der Welt setzt, habe sie die Entdeckung des heliozentrischen Weltbildes verschlafen.

Sowohl Astronomen als auch Astrologen bestimmen die Koordinaten für Himmelskörper immer in Relation zur Erde – niemand, der der Astrologie ein geozentrisches Weltbild vorwirft, hat diesen Punkt je bedacht, geschweige denn einem Astronomen vorgeworfen, ein geozentrisches Weltbild zu vertreten. Auf dieses Messen mit zweierlei Maß stößt man bei der vermeintlich wissenschaftlichen Argumentation gegen die Astrologie auffallend häufig.

Da das Universum keinen Mittelpunkt besitzt, dürfen, ja müssen wir einen festlegen. Die Erde in den Mittelpunkt unseres Koordinatensytems zu setzen, wäre also allein schon legitim. Nun befindet sich in einem Horoskop allerdings nie die Erde im Mittelpunkt, sondern immer ein ganz bestimmter Punkt auf der Erdoberfläche: Der Punkt an dem der betreffende Mensch geboren wurde. Wer der Astrologie vorwirft, sie setze die Erde in den Mittelpunkt, wirft ihr unbewusst vor, sie setze den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen.

Als Astrologe ist mein Weltbild also humanozentrisch (oder wenn man so will: geozentrisch), ich glaube nicht an die Physik (als Erklärungsmodell für den Menschen und seine Welt) und als Astrologe vertrete ich ein Weltbild, das mit dem der Physik nicht vereinbar ist und auch nicht sein will.

Wissenschaft bemüht sich, einen objektiven Standpunk einzunehmen und ein objektives (allgemeingültiges) Ergebnis zu finden. Astrologie nimmt einen subjektiven Standpunkt ein und sucht nach einer subjektiven (persönlichen) Antwort. Wissenschaft will den Gegenstand ihrer Untersuchungen objektiv messen, Astrologie will subjektiv deuten.

Astrologie setzt den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt seines Universums. Noch subjektiver geht es nicht. Und von diesem Mittelpunkt aus untersucht das Horoskop, wie ein Mensch seine Welt subjektiv erlebt – nicht wie sie wirklich ist. Ein Horoskop wird uns nichts über den technischen Aufbau des Universum verraten, und mit keinem Elektronenmikroskop werden wir je herausfinden, ob unser Leben Sinn macht oder nicht.

Wissenschaft, wie sie heute verstanden wird, kann sich nicht mit Sinn, Wert, Bedeutung oder Glaube befassen. Sinn und Bedeutung sind nur subjektiv erfahrbar und nicht objektiv messbar. Der Glaube an die Wissenschaft als alleinige Quelle für die Antworten unserer Lebensfragen führt damit zwangsläufig zu einem – im wahrsten Sinne des Wortes – bedeutungslosen Universum.

Jeden Anbiederungsversuch an wissenschaftliche Messbarkeit halte ich daher für eine Sackgasse. Astrologie geht einen eigenen Erkenntnisweg, völlig unabhängig von dem der Naturwissenschaften.

Die Idee der Zeitqualität, einer Qualität, die sich wissenschaftlich nicht messen, subjektiv aber wahrnehmen und mittels der Astrologie und anderer Verfahren deuten lässt, besagt, dass alles, was in einem bestimmten Moment existiert und passiert, untrennbar miteinander zusammenhängt. Nicht das eine ist die Ursache des anderen, sondern alles bildet als Ganzes eine Einheit. Wer einen Teil des Ganzen kennt, kann daher auf andere Teile schlussfolgern. Dieses Prinzip liegt der Astrologie und auch anderen Deutungstechniken, wie dem Tarot und dem I-Ging, zugrunde.

Wir leben in einer Zeit der Spaltung zwischen dem Rationalen und dem Nicht-Rationalen, zwischen Geist und Seele. Die Astrologie, die weder völlig logisch, noch völlig magisch ist, in der Welt des Logos genauso zu Hause wie in der der Magie, ist in der Lage, die Brücke zwischen beiden Welten zu schlagen. Aus diesem Grund waren Kepler, Newton und Einstein von ihr überzeugt, aus diesem Grund findet sie seit Jahrzehnten wieder zunehmend Einzug in alle Bereiche der Gesellschaft.

Gerade für Newton bedeutete eine Sache, die sich naturwissenschaftlich nicht erklären lässt, nicht, dass sie auch unwahr wäre. Immerhin hat er ein Vielfaches mehr an astrologischen und alchemistischen Schriften verfasst als an physikalischen.