Diskussion mit Herrn Kunkel über Prognosen
Guten Tag Herr Kunkel,
in der Darlegung Ihrer Prognoseauswertungen erwähnen Sie auch meine Einschätzung der 2005-Trends, die Sie bei Rainbow-Spirit gefunden haben (meine jährlichen Prognosen von 2000 bis 2006 sind übrigens unter “allgemeine Prognose” auf meiner Internetseite www.12Zeichen.de dokumentiert).
Gehe ich davon aus, dass Sie den vollständigen Text vorliegen hatten, erstaunt es mich, dass Sie in Ihrem Pressetext nicht auf einige statistisch doch recht ungewöhnliche “Treffer” eingegangen sind. Im letzten Absatz meines Artikels vom November 2004 schrieb ich:
“Pluto aspektiert 2005 außerdem die Sonne im Horoskop Tunesiens und Palästinas, den Mond der Vereinten Nationen, den Saturn des Libanons und Syriens und den Aszendenten der Republik Zypern (türkischer Teil). In diesen Staaten und Organisationen kann es zu tiefgreifenden Umstrukturierungen und inneren wie äußeren Konflikten kommen.”
Die derzeitige Krise zwischen Syrien und Libanon, im Zusammenhang mit dem Hariri-Mord ausgelöst, wird auch unaufmerksamen Nachrichtenlesern und -hörern kaum entgangen sein. Und die “Zeit” behauptet in ihrem Feuillton vom 29.12.”: “2005 war ein Krisenjahr für die Vereinten Nationen, …” http://www.zeit.de/2006/01/V_9alkerrecht_u__UN
Was eine Krise ist, mag gelegentlich Einschätzungssache sein – für mich steht außer Frage, dass 2005 auch die Entwicklung in Palästina einen neuen, äußerst kritischen Höhepunkt erreicht hat. Zugegeben: Um dies beurteilen zu können, wird man sich etwas intensiver mit der Sachlage befassen müssen als es die Presse in Deutschland in der Regel erlaubt.
Wie dem auch sei, von sechs prognostizierten kann-Krisen sind mindestens drei eingetreten. Und da die Wahrscheinlichkeit eines jeden Einzeltreffers bereits bei eins zu mehreren Hundert liegt, kann sich meine Einschätzung insgesamt doch sehenlassen. Nach meinem statistischen Verständnis wiegt eine deratige Trefferquote mehrere hundert Fehlprognosen locker auf.
Da Sie diesen Teil meiner Einschätzung bewusst oder unbewusst nicht beachtet haben, dürfen wir von selektiver Wahrnehmung sprechen.
Andere Kolleginnen und Kollegen haben ähnlich treffende Prognosen veröffentlicht. Wenn Sie Frau Haller mit ihrer Frankreichprognose “Die Volksseele grollt. Gärende Zustände” einen Zufallstreffer attestieren, darf ich an Ihren statistischen Kenntnissen zweifeln, an Kompetenz in der eigenen Disziplin.
Ihren Lesern (und möglicherweise sich selbst) möchten Sie weismachen, derartige Aussagen hätte den Stellenwert von schwarzen und weißen Kugel, zufällig aus einem Zylinder gezogen, in dem sie eben noch gleichmäßig verteilt vorlagen. Die Chance, eine solche Prognose zufällig abzugeben, liegt, wie gesagt, bei eins zu mehreren Hundert. Selbst wenn Frau Haller in zwei Dutzend anderen Einschätzungen danebengelegen haben sollte, ist sie mit diesem Ergebnis immer noch eine herausragende Prognostikerin.
Auch was Sie an meiner Formulierung zu Uranus´Rückläufigkeit “verklausuliert” finden, ist mir ein Rätsel. Meine Pressetexte sind in klarem Deutsch, in kurzen Sätzen, ohne Einschübe und bewusst fast ohne Fremdworte formuliert, damit sie unabhängig vom Bildungsstand mühelos verstanden werden können. “Es kann zu unerwarteten Zwischenfällen kommen” heißt eben dies. “Verklausuliert” würde ich diese Aussage vielleicht nennen, wenn ich insgesamt mehr von der Astrologie erwartete als das Erkennen von Trends, Tendenzen, Stimmungen. Dass die Astrologie Trends treffend vorausbeschreiben kann, ist eine unglaubliche Leistung, finden Sie nicht auch? Mehr zu fordern, hieße, diese Leistung nicht anzuerkennen.
Einen Konflikt vorauszusagen ist in meiner Sicht der Dinge eine exakte Aussage – auch wenn sich “Konflikt ” mathematisch nicht exakt erfassen lässt. Aber das ist nicht Astrologenproblem – das ist Problem der Mathematik. Wer ist denn so wild auf exakte Prognosen, im Sinne von: “Hariri wird umgebracht”? Deutschlands Berufsastrologen oder Sie? Das ließe sich messen, nicht wahr?
Die Unfähigkeit des Mathematikers, mit den Zwischentönen des Lebens umzugehen, die das Wesen des Lebens ausmachen, zwingt Sie dazu, Ihr Augenmerk auf unsinnige ja-nein-Behauptungen zu legen. Warum niemand Maischbergers Samstagabendshow prognostiziert hat?
Weil das Gros der deutschen Astrologenschaft sich auf dezent anderem Niveau bewegt, Herr Kunkel.
Freundliche Grüße aus Kiel,
Sylvester 2005
Astrologe
Martin A. Banger
—————————————————————
Hallo Herr Banger,
vielen Dank für ihre Mail.
Martin A. Banger schrieb:
> Guten Tag Herr Kunkel,
>
> in der Darlegung Ihrer Prognoseauswertungen erwähnen Sie auch meine
> Einschätzung der 2005-Trends, die Sie bei Rainbow-Spirit gefunden
> haben (meine jährlichen Prognosen von 2000 bis 2006 sind übrigens
> unter “allgemeine Prognose” auf meiner Internetseite www.12Zeichen.de
> dokumentiert).
>
> Gehe ich davon aus, dass Sie den vollständigen Text vorliegen hatten,
> erstaunt es mich, dass Sie in Ihrem Pressetext nicht auf einige
> statistisch doch recht ungewöhnliche “Treffer” eingegangen sind. Im
> letzten Absatz meines Artikels vom November 2004 schrieb ich:
>
> “Pluto aspektiert 2005 außerdem die Sonne im Horoskop Tunesiens und
> Palästinas, den Mond der Vereinten Nationen, den Saturn des Libanons
> und Syriens und den Aszendenten der Republik Zypern (türkischer Teil).
> In diesen Staaten und Organisationen kann es zu tiefgreifenden
> Umstrukturierungen und inneren wie äußeren Konflikten kommen.”
>
Diesen Text hatte ich vorliegen (und hab ihn immer noch). Sie schreiben,
dass es in eingen Staaten und der UNO zu tiefgreifenden
Umstrukturierungen und inneren wie äußeren Konflikten kommen kann. Was
bedeutet das konkret?
> Die derzeitige Krise zwischen Syrien und Libanon, im Zusammenhang mit
> dem Hariri-Mord ausgelöst, wird auch unaufmerksamen Nachrichtenlesern
> und -hörern kaum entgangen sein.
Ihre Prognose hätte auch für das Jahr 2004 gepasst (wie war da die
astrologfische Situation?), ich zitiere mal 2 Schlagzeilen aus dem
September 2004::
– Syrien setzt sich im Libanon durch (FAZ, 4.9.04)
– UN-Resolution gegen Syrien (Syrien sollte seine Truppen aus dem
Libanon zurückziehen) – Süddeutsche Zeitung, 3.9.04
Syrien hielt seit Jahren einen Teil Libanons praktisch besetzt … …
ein eindeutiges Indiz für einen Konflikt.
> Und die “Zeit” behauptet in ihrem Feuillton vom 29.12.”: “2005 war ein
> Krisenjahr für die Vereinten Nationen, …”
> http://www.zeit.de/2006/01/V_9alkerrecht_u__UN
Ob nicht 2002 oder 2003 viel eher Krisenjahre waren (damals konnte sich
die UNO gegen die USA in der Irakfrage nicht durchsetzen und wurde
bisweilen für überflüssig erklärt) oder 2004 (da wurde bekannt, dass
sich der Sohn von Kofi Annan am Programm Öl für Lebensmittel für den
Irak bereichert hat – außerdem gab es viele Diskussionen über neue
Strukturen …) da kann man durchaus verschiedener Meinung sein.
>
> Was eine Krise ist, mag gelegentlich Einschätzungssache sein – für
> mich steht außer Frage, dass 2005 auch die Entwicklung in Palästina
> einen neuen, äußerst kritischen Höhepunkt erreicht hat. Zugegeben: Um
> dies beurteilen zu können, wird man sich etwas intensiver mit der
> Sachlage befassen müssen als es die Presse in Deutschland in der Regel
> erlaubt.
Meine Frau hat gerade ihre Diplomarbeit zu exakt diesem Thema
abgeschlossen (sie war selbst im Herbst mehrere Wochen in Palästina und
hat mit Vertretern verschiedener Organisationenbeider Seiten dort
Gespräche geführt). Dass die Probleme dort nicht gelöst sind (und es
auch in den nächsten Jahren, wahrscheinlich Jahrzehnten noch kritisch
sein wird) ist eine Sache – dass es in diesem Jahr einen kritischen
Höhepunkt gegebenhaben sollte, das ist ihr trotz intensiver
Auseinandersetzung mit dem Thema und Nutzung verschiedenster, originärer
Quellen irgendwie nicht aufgefallen.
>
> Wie dem auch sei, von sechs prognostizierten kann-Krisen sind
> mindestens drei eingetreten. Und da die Wahrscheinlichkeit eines jeden
> Einzeltreffers bereits bei eins zu mehreren Hundert liegt, kann sich
> meine Einschätzung insgesamt doch sehenlassen. Nach meinem
> statistischen Verständnis wiegt eine deratige Trefferquote mehrere
> hundert Fehlprognosen locker auf.
Ich sehe nicht, wo das Eintreffer ihrer Prognosen eine
Wahrscheinlichkeit von 1 : mehreren Hundert haben soll. Im Falle
Palästina war die Wahrscheinlichkeit für ihre Prognose meines Erachtens
exakt 1:1, im Falle Libanon/Syrien ebenfalls (wie gesagt: Syrien hat bzw
hatte seit Jahren Truppen in Libanon stationiert – und Syrien ist ala
Nachbarstaat des Irak natürlich auch öfters in den Schlagzeilen bzw.
unter Druck) und im Falle der UNO wird ebenfalls – nicht erst seit dem
Irak-Krieg der USA – dauernd über Umstrukturierungen und Krisen
geschrieben – also für diese 3 Treffer hätten sie in jedem der letzten
3-5 Jahre im Nachhinein entsprechende Zeitungsmeldungen finden können.
Viel interessanter wäre zu betrachten, was passieren muss, damit ihre
Prognose nicht eintritt. Genau das versuche ich zu tun, und in ihrem
Fall ist es eben ein Leichtes, ihre „Prognose“ in jedem Jahr zu
verifizieren.
>
> Da Sie diesen Teil meiner Einschätzung bewusst oder unbewusst nicht
> beachtet haben, dürfen wir von selektiver Wahrnehmung sprechen.
s.o.
> Andere Kolleginnen und Kollegen haben ähnlich treffende Prognosen
> veröffentlicht. Wenn Sie Frau Haller mit ihrer Frankreichprognose “Die
> Volksseele grollt. Gärende Zustände” einen Zufallstreffer attestieren,
> darf ich an Ihren statistischen Kenntnissen zweifeln, an Kompetenz in
> der eigenen Disziplin.
Frau Haller hat solche und ähnliche Prognosen in den letzten Jahren
häufiger veröffentlicht und immer verschiedene Länder (in einem anderen
Fall Städte) genannt. Dass dabei zwangsläufig auch mal der ein oder
andere Treffer dabei sein kann. Außerdem ist auch diese Prognose „Die
Volksseele grollt“ extrem ungenau – das passt zum Beispiel auch auf die
Beschwerden über Fußball-WM-Tickets in Deutschland …
>
> Ihren Lesern (und möglicherweise sich selbst) möchten Sie weismachen,
> derartige Aussagen hätte den Stellenwert von schwarzen und weißen
> Kugel, zufällig aus einem Zylinder gezogen, in dem sie eben noch
> gleichmäßig verteilt vorlagen. Die Chance, eine solche Prognose
> zufällig abzugeben, liegt, wie gesagt, bei eins zu mehreren Hundert.
> Selbst wenn Frau Haller in zwei Dutzend anderen Einschätzungen
> danebengelegen haben sollte, ist sie mit diesem Ergebnis immer noch
> eine herausragende Prognostikerin.
Da muss ich ihnen vehement widersprechen. Solche Prognosen sind
dermassen schwammig, dass man im Nachhinein fast immer einen Treffer
finden kann. Ich erwarte nicht, dass eine solche Prognose die drei
Fragen was, wann und wo exakt beantwortet, aber etwas mehr als
„irgendetwas“, „im Laufe des Jahres“ und „ungefähr dort“ (meist mit
Aufzählen mehrerer Alternativen) sollte es schon sein . Die
Wahrscheinlichkeit, mit einer solchen Prognose keinen Treffer zu
erzielen ist nämlich ziemlich gering. Es genügt, wenn in einem der
aufgeführten Länder etwas „Passendes“ passiert – und wie sich der
Volkszorn Ausdruck vertschafft ist auch nicht beschrieben (hätten die
lautstarken Proteste der Praktikanten mit weißen Masken in Paris vomn
Spätherbst auch als Trefferindiz gegolten?).
>
> Auch was Sie an meiner Formulierung zu Uranus´Rückläufigkeit
> “verklausuliert” finden, ist mir ein Rätsel. Meine Pressetexte sind in
> klarem Deutsch, in kurzen Sätzen, ohne Einschübe und bewusst fast ohne
> Fremdworte formuliert, damit sie unabhängig vom Bildungsstand mühelos
> verstanden werden können. “Es kann zu unerwarteten Zwischenfällen
> kommen” heißt eben dies. “Verklausuliert” würde ich diese Aussage
> vielleicht nennen, wenn ich insgesamt mehr von der Astrologie
> erwartete als das Erkennen von Trends, Tendenzen, Stimmungen. Dass die
> Astrologie Trends treffend vorausbeschreiben kann, ist eine
> unglaubliche Leistung, finden Sie nicht auch? Mehr zu fordern, hieße,
> diese Leistung nicht anzuerkennen.
Zwischenfälle sind in der Regel immer unerwartet. Aber was alles ein
Zwischenfall sein kann, darüber schweigen sie (und ordnen im Nachhinein
etwas Passendes zu). Der Satz „es kann zu unerwarteten Zwischenfällen
kommen“ hat deshalb zunächst mal keinerlei Inhalt.
>
> Einen Konflikt vorauszusagen ist in meiner Sicht der Dinge eine exakte
> Aussage – auch wenn sich “Konflikt ” mathematisch nicht exakt erfassen
> lässt.
Es geht nicht darum etwas mathematisch exakt zu fassen, sondern darum,
eine Aussage zu überprüfen
> Aber das ist nicht Astrologenproblem – das ist Problem der Mathematik.
> Wer ist denn so wild auf exakte Prognosen, im Sinne von: “Hariri wird
> umgebracht”? Deutschlands Berufsastrologen oder Sie? Das ließe sich
> messen, nicht wahr?
Kunkel
Generell ist die „Meßbarkeit“ hier selbstverständlich problematisch –
das ist auch der Grund, warum ich keinerlei Trefferquoten
veröffentliche. Dafür sind die Prognosen von zu verschiedener „Güte“
bzw. „Spezifizierung“.
Was würden sie übrigens von folgenden Prognosen für 2006 halten
(teilweise exakter formuliert als die Ihrigen …):
– In Deutschland wird es im Herbst politische Probleme geben.
Wahrscheinlich streiten sich CDU/CSU und SPD über ein wichtiges
innenpolitisches Thema. Ich vermute dass es entweder um das Thema
Gesundheit oder Arbeitsmarkt gehen wird.
– Es wird im ersten Halbjahr 2005 mehrere Terroranschläge im Irak
geben.Die Probleme des Landes werden nicht gelöst.
– In der Türkei bzw. Griechenland wird es im Januar mindestens 5
Erdbeben geben (ob es große Schäden gibt kann ich allerdings nicht
voraussagen)
– Im August oder September gibt es in Japan ein Erdbeben von erheblicher
Stärke (> 5).
Belege für das Eintreffen dieser Prognosen werde ich ihnen Ende 2006 mit
Sicherheit liefern können.
> Die Unfähigkeit des Mathematikers, mit den Zwischentönen des Lebens
> umzugehen, die das Wesen des Lebens ausmachen, zwingt Sie dazu, Ihr
> Augenmerk auf unsinnige ja-nein-Behauptungen zu legen. Warum niemand
> Maischbergers Samstagabendshow prognostiziert hat?
Es geht nur dann um Ja/Nein-Behauptungen, wenn die Prognose dies nahe
legt (Beispiel: Wenn die Bundestagswahl im Sepzember oder Oktober
stattfindet, dann kann Angela Merkel bicht Kanzlerin werden – das ist
einfach und klar formuliert und die Frage „Hat’s gestimmt?“ kann
eindeutig beantwortet werden). Bei ihren „Prognosen“ ist dies
selbstverständlich nicht der Fall – dass sie als Beleg ihrer „Treffer“
ein paar Ereignisse selektieren, ist ihr gutes Recht aber wenig
überzeugend wenn es darum geht die Treffsicherheit ihrer Prognosen zu
belegen. Wenn ich ihre Prognose für 2005 auch für 2004 belegen kann (und
für andere Jahre würde mir das mit Sicherheit auch gelingen), dann ist
das doch ein deutliches Indiz dafür, dass sie bei ihrer
Trefferbegründung positiv selektiert haben.
Übrigens: Den türkischen Teil Zyperns hätten sie sich ja auch als
Treffer zuschreiben können – Immerhin was der politische Konflikt
darüber eines der Hauptprobleme bei den Verhandlungen zwischen EU und
Türkei … … und seit April gibt es imtürkische Teil Zyperns eine
pro-europäische Regierung (Umstrukturierung!).
> Weil das Gros der deutschen Astrologenschaft sich auf dezent anderem
> Niveau bewegt, Herr Kunkel.
Das Niveau der Astrologenschaft ist vielfältig (das dürfte ihnen nicht
unbekannt sein), und ich kenne entsprechende Diskussionen ganz gut
(einen meiner besten und engsten Freunde würde ich als
semiprofessionellen Astrologen bezeichnen … … und natürlich habe ich
durch ihn auch bisweilen Kontakt zu seiner „Astrologenszene“, die sich
auch mal über die Gültigkeit verschiedener Schulen streitet und mich
übrigens auch schon mit dem ein oder anderen Webtipp für Prognosen
versorgt hat).
>
> Freundliche Grüße aus Kiel,
> Sylvester 2005
>
> Astrologe
> Martin A. Banger
Viele Grüße aus Mainz und alles Gute im neuen Jahr
Michael Kunkel
—————————————–
Hallo Herr Kunkel,
jetzt habe ich einmal Zeit gefunden, mich näher mit Ihren Argumenten zu befassen.
Ich hatte ja schon angedeutet, dass ich die Aussagekraft Ihrer jährlichen Untersuchungen nicht gerade ernst nehme. Stellen Sie sich vor, ich wollte nachweisen, dass es keine verlässlichen medizinischen Möglichkeiten gibt, Heuschnupfen erfolgreich zu behandeln. Um diese These zu beweisen, würde ich wahllos Therapievorschläge aus den verschiedensten Quellen sammeln, Vorgehensweisen aus konkurrierenden medizinischen Systemen, Kalenderblätter mit Gesundheits-Zitaten aus dem Mittelalter, esoterische Empfehlungen aus Stein-Heilkunde-Büchlein und alle Internet-Empfehlungen, die ich nur finden kann. Das kann man machen. Aber auf die Reaktion aus der Ärzteschaft sollte man dann auch gefasst sein. Wollte ich nachweisen, dass Heuschnupfen behandelbar ist, müsste ich ganz anders vorgehen – jedes Ergebnis fordert offensichtlich eine eigene Herleitung.
Sie schreiben, dass es in eingen Staaten und der UNO zu tiefgreifenden Umstrukturierungen und inneren wie äußeren Konflikten kommen kann. Was bedeutet das konkret?
Wie gesagt, „tiefgreifende Umstrukturierungen“, „innere wie äußere Konflikte“ oder der Begriff „Krise“, den ich gelegentlich in meinen Prognosen benutze, sind für mich etwas Konkretes. Das ist, was sich mit Astrologie machen lässt: Entwicklungszyklen aufdecken, Krisen innerhalb von Zyklen. Wenn ich im Horoskop einer Person eine wichtige Krise ersehe, weiß ich in der Regel nicht, ob die ausgelöst wird durch den Tod des Partners, durch eine Krankheit oder vielleicht durch die Konfrontation mit einer bisher verschütteten Kindheitserfahrung (auch wenn es im Horoskop durchaus Hinweise auf die näheren Umstände einer Krise gibt). Wie Sie, will auch mancher Klient es gern etwas „konkreter“ wissen, wie: „wird meine Partnerin sich von mir trennen?“ Das ist verständlich (dass der Klient wissen will, wie sein Leben weiterverläuft, oder wenn der Septiker fragt: kann Astrologie etwas?). Aber es ist nicht das, womit sich astrologische Prognose befasst. Ist eine Krise im Horoskop zu sehen, wird sie stattfinden. Und von einem bestimmten Standpunkt aus gesehen ist es völlig unwesentlich, wodurch sie ausgelöst wird. Ein Ereignis wie „Freundin trennt sich“ hat aus sich selbst heraus keine Bedeutung. Sie würden eine dementsprechende Vorhersage als konkret bezeichnen, für 100 Männer, deren Freundinnen sich trennen, sind damit die vielfältigsten Erfahrungen verbunden. Mancher fühlt sich befreit, mancher geht durch eine Krise. Das ist es, was Astrologie zum Beispiel untersucht: wo stehen Sie innerhalb bestimmter Entwicklungszyklen; wird dies eine Zeit der inneren (und vielleicht äußeren) Befreiung oder gehen Sie durch eine Krise?
Sie zitieren mich: „Die derzeitige Krise zwischen Syrien und Libanon, im Zusammenhang mit dem Hariri-Mord ausgelöst, wird auch unaufmerksamen Nachrichtenlesern und -hörern kaum entgangen sein.“ Und kommentieren:
Ihre Prognose hätte auch für das Jahr 2004 gepasst (wie war da die astrologfische Situation?), ich zitiere mal 2 Schlagzeilen aus dem September 2004:: – Syrien setzt sich im Libanon durch (FAZ, 4.9.04), – UN-Resolution gegen Syrien (Syrien sollte seine Truppen aus dem Libanon zurückziehen) – Süddeutsche Zeitung, 3.9.04 Syrien hielt seit Jahren einen Teil Libanons praktisch besetzt … ein eindeutiges Indiz für einen Konflikt.
Nein, die Prognose hätte auf das Jahr 2004 nicht gepasst. Syrien stationiert seit über 30 Jahren Truppen im Libanon und ernennt und entlässt nach Belieben libanesische Präsidenten und Regierungen. Erst 2005 haben Deutschland, Frankreich, Spanien und Russland Syrien zum „vollständigen Rückzug“ seiner Truppen aus dem Libanon gedrängt. Der Libanon befand sich westlichen Medien zufolge zeitweise am Rande eines neuen Bürgerkrieges (nach 15 Jahren relativer innerer Stabilität, die von vielen Beobachtern in erster Linie der Anwesenheit Syriens zugeschrieben wird). „Syrien setzt sich im Libanon durch“ ist keine Neuigkeit, was die Verhältnisse der letzten 15 Jahre betrifft. Und die „UN-Resolution gegen Syrien“ ist allenfalls der erste Hinweis auf eine anstehende Krise, die von den USA geschürt wurde.
Zu Palästina schreiben Sie:
Meine Frau hat gerade ihre Diplomarbeit zu exakt diesem Thema abgeschlossen …. – dass es in diesem Jahr einen kritischen Höhepunkt gegeben haben sollte, das ist ihr trotz intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema und Nutzung verschiedenster, originärer Quellen irgendwie nicht aufgefallen.
Erstens eskalierte 2005 der Konflikt zwischen der Hamas und der Autonomiebehörde, was zu einer wesentlichen Zersplitterung der palästinensischen Identität beitrug (astrologisch hatten wir es mit Pluto/Sonne zu tun: einer Identitätskrise). Man hätte dies eigentlich schon zu Arrafats Tod absehen können, und Sie dürften mir vielleicht unterstellen, Prognosen abzugeben, die ohnehin offensichtlich wären. Die Nachrichtenseite Telepolis bezeichnete die Entwicklung am 10.10.05 als „Palästinensische Krise“ und am 18.12.05 als „Erdbeben in palästinensischer Politik“.
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21112/1.html
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21602/1.html
Die Zeit vom 8.11.05 schreibt:
„Sie alle einte einst der Übervater Jassir Arafat und seine revolutionäre PLO-Ideologie, nach der Palästina mit allen Mitteln befreit werden musste. Beide, der Mann und die Ideologie, sind Vergangenheit, was unweigerlich zur Krise führte.“
http://zeus.zeit.de/text/2005/33/GazaAbbas
Zweitens wurde der Mauerbau 2005 massiv vorangetrieben, immer mehr Enklaven sind jetzt von von Rest des Landes abgeschnitten.
Eine AP-Meldung vom 6.7.05:
„Gegen den Protest der Palästinenser beschleunigt Israel den Bau des Sperrwalls zum Westjordanland. … Die Beschleunigung des Mauerbaus steht offenbar in Zusammenhang mit dem geplanten Rückzug Israels aus dem Gazastreifen Mitte August. Nach dem Abzug wird der internationale Druck zur Wiederaufnahme von Friedensgesprächen steigen, und Israel könnte vorher noch neue Fakten schaffen. …“
Norman Paech, emeritierter Professor für Völkerrecht an der Universität Hamburg spricht im Juli 05 von der „jüngsten Eskalation durch den Mauerbau“. Weiter: „Und so kann schließlich der Einschätzung des Evangelischen Entwicklungsdienst, die dieser im März 2005 in einer Dokumentation getroffen hat, kaum etwas entgegengehalten werden: „Ab Sommer 2005 wird eine durchgehende Mauer den suburbanen Raum Jerusalems durchschneiden und willkürlich palästinensische Vororte voneinander isolieren. Der Mauerstreifen folgt weitgehend der östlichen Grenze des eigenmächtig definierten israelischen Stadtverwaltungsbezirks. Luftbilder des Mauerverlaufs zeigen: Aus den palästinensischen Gebieten wird ihr Herzstück, Ost-Jerusalem, geradezu herausamputiert.“
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Israel/mauer-paech.html
Der Friedensaktivist Uri Avnery im November 2005:
„In der ganzen Westbank werden die schlimmen Lebensbedingungen noch schlimmer. Der Bau des Zauns bzw. der Mauer ist im Begriff, fertig gestellt zu werden. In Jerusalem zerschneidet er die arabischen Stadtteile, trennt die Eltern von ihren Kindern, Patienten von ihren Ärzten, Schüler und Studenten von ihren Schulen und anderen Instituten. Dutzende von permanenten und vorübergehenden Straßensperren überall in der Westbank machen ein irgendwie normales Leben unmöglich. Jede Nacht werden Leute festgenommen, einige getötet, „ auf der Flucht erschossen“. Die Zahl der in israelischen Gefängnissen fest gehaltenen Palästinenser ist größer denn je.“
zur weiteren Auseinandersetzung empfehle ich:
http://www.inwent.org/v-ez/lis/palaestina/seite2.htm
http://www.stopthewall.org/german/cgi-bin/german/community/article_37.shtml
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20469/1.html
http://www.zmag.de/artikel.php?id=1577
—-
Ich sehe nicht, wo das Eintreffer ihrer Prognosen eine Wahrscheinlichkeit von 1 : mehreren Hundert haben soll. Im Falle Palästina war die Wahrscheinlichkeit für ihre Prognose meines Erachtens exakt 1:1
Wie wollen Sie das begründen? Dann müsste jedes zweite Jahr ein Krisenjahr sein. Das ist selbst für eine Krisenregion ein bisschen hochgegriffen. Krise bedeutet einen Höhepunkt und Umbruch. Eine Situation, wie sie ihn im Zusammenhang mit Annans Sohn erwähnen, ist ein Skandal, aber keine Krise für die UN. Wenn Selbstmordattentate zum Status Quo gehören, mag man dies später aus der Langzeitperspektive als Krisenphase bewerten, innerhalb dieser Zeit findet aber kein Umbruch statt, kein Höhepunkt. Ich behaupte, dass ich auf drei wesentliche, deutlich sichtbare Krisen vorab hingewiesen habe. Wie diese „Trefferquote“ einzuschätzen ist, lässt sich natürlich schwer beurteilen.
Viel interessanter wäre zu betrachten, was passieren muss, damit ihre Prognose nicht eintritt. Genau das versuche ich zu tun, und in ihrem Fall ist es eben ein Leichtes, ihre „Prognose“ in jedem Jahr zu verifizieren.
Was passieren muss, damit meine Prognose nicht eintrifft, interessiert mich herzlich wenig. Und mein Anliegen ist es auch nicht, meine Prognosen unbedingt zu verifizieren. Ich kann damit leben, wenn einige meiner Prognosen nicht eintreffen. Meine Arbeit besteht nicht darin, eine hohe Trefferquote zu erzielen, sondern zu beraten und darauf hinzuweisen, in welche Richtung die Dinge sich entwickeln können. Im Übrigen sind Sie es, der gezeigt hat, dass er meine Prognosen für jedes Jahr zu verifizieren vermag – mir ist dies noch nicht gelungen. Die Kunst des Relativierens, die Sie so gut beherrschen, unterstellen Sie jedoch mir.
Was würden sie übrigens von folgenden Prognosen für 2006 halten
(teilweise exakter formuliert als die Ihrigen …):
– In Deutschland wird es im Herbst politische Probleme geben. Wahrscheinlich streiten sich CDU/CSU und SPD über ein wichtiges innenpolitisches Thema. Ich vermute dass es entweder um das Thema Gesundheit oder Arbeitsmarkt gehen wird.
– Es wird im ersten Halbjahr 2005 mehrere Terroranschläge im Irak geben. Die Probleme des Landes werden nicht gelöst.
– In der Türkei bzw. Griechenland wird es im Januar mindestens 5 Erdbeben geben (ob es große Schäden gibt kann ich allerdings nicht voraussagen)
– Im August oder September gibt es in Japan ein Erdbeben von erheblicher Stärke (> 5).
Belege für das Eintreffen dieser Prognosen werde ich ihnen Ende 2006 mit Sicherheit liefern können.
Die Deutschlandprognose halte ich von der Form her für angemessen, inhaltlich kann ich nichts dazu sagen, vor allem deswegen nicht, weil sie nicht astrologisch begründet wurde. Ich habe mich eine Weile mit Erdbebendaten befasst, und mit den Konstellationen, die mir aufgefallen sind, lassen sich Beben ohne größere Opferzahlen nicht ermitteln. Umso mehr erstaunt es mich, dass jemand das Januarbeben in Griechenland vorausgesehen hat. Ist das eine astrologische Prognose? Die Irakprognose zu kommentieren, fände ich ein wenig peinlich.
Sehr geehrter Herr Kunkel – ohne die Dinge in irgendeiner Weise mit Astrologie in Zusammenhang zu bringen, lebe ich in einer Welt, in der sich Syrien, der Libanon, Palästina und die UNO im Jahr 2005 in einer tiefen Krise befanden und immer noch befinden. Sie dürfen die Astrologie gern infrage stellen – was Ihre Einschätzung der Weltpolitik betrifft, bin ich leider etwas intoleranter, und ich glaube nicht, dass wir hier irgendeinen gemeinsamen Nenner finden werden.
Freundliche Grüße aus Kiel
Martin A. Banger