Astrologie und das Wesen Ihres Kindes
Chancen und Grenzen von Kinderhoroskopen
Bevor ich heiratete, hatte ich sechs Theorien über Kindererziehung. Jetzt habe ich sechs Kinder und keine Theorie (John Wilmot, engl. Satiriker, 1647-1680).
Dass jedes Kind einzigartig ist, werden wohl alle Eltern bestätigen. Gerade junge Mütter und Väter sehen im neu hinzugekommenen Familienmitglied fast immer einen ganz besonderen Menschen. Sobald dieses Kind aber beginnt, auch ganz besondere Eigenarten an den Tag zu legen, sprich solche, die den Eltern fremd sind, ist die Verunsicherung nicht selten groß.
Dass wir eine Fülle von Anlagen mit in diese Welt bringen, hat sich inzwischen weitgehend herumgesprochen. Ging man in den 70er Jahren davon aus, dass unser Wesen zu ca. 80% durch Erziehung und ca. 20% durch Veranlagung bestimmt wird, schätzten Anfang der 90er Jahre die meisten Verhaltensforscher dieses Verhältnis genau umgekehrt ein. Auch wenn es inzwischen Trends gibt, die Ursache für fast alles Verhalten in den Genen zu suchen, geht man zur Zeit weitgehend von einem Verhältnis 50/50 aus, das heißt ein Teil unseres Wesens ist vorherbestimmt, ein anderer erworben. Doch welcher Teil ist welcher?
Mit den Dimensionen des menschlichen Lebens, die vorgegeben sind, hat sich keine andere Disziplin so tiefgründig befasst wie die Astrologie. Die Astrologie ermöglicht, wozu weder Natur- noch Geisteswissenschaften in der Lage sind: konkrete und verlässliche Aussagen über die Anlagen eines neugeborenen Menschen zu machen. Das Temperament, das grundlegende Wesen, Stärken, Neigungen und Schwächen sind von Anfang an aus dem Horoskop ersichtlich.
Für eine Verunsicherung der Eltern kann bereits das Temperament des Kindes sorgen. Das Temperament einer Person wird astrologisch durch die Elementebetonung im Horoskop beschrieben. Die Astrologie unterscheidet vier Grundtemperamente: feurig (cholerisch), erdbetont (phlegmatisch), luftig (sanguinisch) und wässrig (melancholisch). Diese Temperamente liegen bei verschiedenen Menschen in unterschiedlicher Gewichtung vor. Ich habe häufig gesehen, dass das erste Kind ein Element in die Familie mitbringt, das den Eltern fast oder völlig fehlt. Gerade wenn beide Eltern ähnliche Elementebetonungen besitzen, ist das Erstaunen über das so anders veranlagte Kind meist groß: „Wir wissen gar nicht, warum er immer so wild ist!“, hört man dann von zwei erd- und wasserbetonten Eltern über ihren Feuerzeichen-Sohn. Oder: „Man bekommt ja nie ein Wort aus ihr heraus.“ (ein Luftzeichen-Vater über seine stark wasserbetonte Tochter).
Hier hat die Astrologie etwas zu bieten, das wir von der Psychologie vergeblich erwarten: sie liefert uns ein sinnvolles Erklärungsmodell der inneren Dynamik eines Menschen. Einen großen Wert erweist ein Horoskop für ein Kind allein dadurch, dass es den Eltern die ihnen fremden Persönlichkeits-Anteile aufzeigt, und ihnen damit die Sorge abnimmt, in dieser Hinsicht irgend etwas falsch zu machen. Immer wieder erlebe ich, wie erleichtert Eltern sind, wenn sie ihr Kind treffend im Horoskop beschrieben finden. Darüber hinaus vermag der Astrologe den Wert solcher den Eltern fremden Seiten aufzuzeigen und natürlich auch Hinweise über den angemessenen Umgang mit diesen zu geben.
Ein häufige Quelle von Missverständnissen bilden auch unterschiedliche Merkurstellungen in den Horoskopen von Eltern und Kindern. Merkur zeigt, wie jemand lernt und kommuniziert, und die Astrologie unterscheidet auch hier vier verschiedene Grundtypen. Menschen mit Merkur in den Feuer- oder Luftzeichen brauchen ständig neue Anregungen, lernen schnell und abstrakt, wobei Feuerzeichen-Merkure die Dinge am liebsten ausprobieren. Wer Merkur in einem Erdelement hat, möchte die Dinge regelrecht begreifen, muss sie also praktisch ausführen, um sie sich dauerhaft merken zu können. Gerade die intuitiv veranlagten Kinder mit einem Wassermerkur haben in der Schule die größten Schwierigkeiten, abstrakt zu lernen. Sie nehmen Informationen unbewusst und fast nur von Personen auf, die ihnen sympatisch sind. (Dass NLP nur drei Kommunikationsstile kennt, liegt an dessen Entwicklern: abstrahierende Lufttypen, die Probleme über den Geist lösen und daher zwischen der Ebene des Körpergefühls und der der emotionalen Stimmungen nicht differenzieren).
Auch unsere grundlegenden Konflikte sind aus dem Horoskop ersichtlich. Warum dies so ist, darüber lässt sich lange diskutieren – Tatsache ist, dass jedes Kind ganz persönliche Konflikte mit ins Leben bringt. Hier stößt die astrologische Beratung auf Grenzen, wenn ein Elternteil den Konflikt des Kindes bereits in sich trägt. Kritische Konstellationen können über Generationen regelrecht weitervererbt werden. Findet man den gleichen Spannungsaspekt im Horoskop der Großmutter, der Mutter und des Kindes, zeigt dies ein bisher nicht geklärtes Familienthema an, das an das Kind weitergegeben wurde. Solche Familienthemen sind allein durch eine astrologische Beratung nicht lösbar, schon gar nicht auf Seiten des Kindes. Schließlich nützt in Bezug auf das Kinder-Horoskop der beste Rat nichts, wenn die Eltern den Konflikt zunächst bei sich klären müssen. Gerade hier besteht die Gefahr, dass Eltern zu dem Schluss kommen: „Nun ja, so ist mein Kind eben, es steht ja im Horoskop“. Daher ist es angemessen, für die Besprechung der Konstellationen des Kindes auch die Horoskope der Eltern heranzuziehen, um solche Familienthemen aufzudecken und gegebenenfalls Empfehlungen für eine Familien- oder eine andere Therapie auszusprechen.
Martin A. Banger ist Vater einer zweijährigen Tochter. Er arbeitet als Astrologe in Kiel und berät auch am Telefon: 0431 551100 (www.12Zeichen.de).